Die Forderungen das deutsche Waffenrecht weiter zu verschärfen, oder den privaten Besitz von Sportwaffen weiter zu regulieren, lenken in meinen Augen von einem viel wichtigeren Gesetz ab: Dem Kriegswaffenkontrollgesetz, kurz „KrWaffKontrG„. Um zu erläutern, warum das so ist, muss ich etwas weiter ausholen und in das Jahr 2005 zurück gehen.
Ende 2005 war die Bundesregierung an der Ausarbeitung einer UN-Vereinbarung beteiligt, welche eine strenge Kennzeichnungspflicht für Waffen fordert, um illegalen Waffenhandel so schwer wie möglich zu machen. Im Klartext: Alle wesentlichen Teile einer Schusswaffe müssen fälschungssicher mit einer Nummer und dem Hersteller versehen werden. Ein sicheres Verfahren ist dabei das Einstanzen, da die Nummer – auch nach dem mechanischen Entfernen mit einer Feile oder Fräse – durch Röntgen der Waffe nachvollziehbar bleibt. Diese Vereinbarung hat die Bundesregierung auch pflichtgemäß und verbindlich Ende 2005 umgesetzt. Und wo ist nun das Problem?
Die Vereinbarung wurde leider nur im Waffengesetz und der anhängigen Waffenverwaltungsvorschrift umgesetzt, beides zusammen regelt den privaten Besitz von Schusswaffen. Für das KrWaffKontrG gilt diese Vereinbarung nicht. Deswegen produzieren deutsche Kriegswaffenhersteller auch munter so weiter wie bisher: Ohne gestanzte Waffennummern, die Kennzeichnungen werden in der Regel mit einem Laser aufgebracht. Diese Nummern sind mit einfachen Werkzeugen schnell entfernt und nicht fälschungssicher. So kann es passieren, dass diese Waffen mit einer gefälschen Kennzeichnung in Krisengebieten auftauchen und nicht mehr nachvollziehbar ist, woher diese Waffen stammen.
Jüngst wurde von der ARD ein konkreter Fall beleuchtet: In Libyen sind nach dem Sturz von Gadaffi Dutzende G36 Sturmgewehre des Herstellers Heckler & Koch aufgetaucht. Als Info für die Waffenn00bs hier der Hinweis, dass es sich beim G36 um ein sehr effizientes und modernes Sturmgewehr handelt und derzeit die Standardinfanteriewaffe der Bundeswehr ist. Das G36 kann sowohl als Sturmgewehr, oder mit Zweibein und 100 Schuss Magazin auch als leichtes Maschinengewehr eingesetzt werden. Es besitzt zu dem zwei integrierte Optiken: Ein Leuchtpunktvisier (Reflexvisier) für den Nahkampf und ein Zielfernrohr für den Fernkampf. Und wenn es mal ganz dick kommt, dann lässt sich an dem Gewehr auch noch ein Granatwerfer montieren. Und sowas taucht in Krisenregionen auf. Ist ja super. NICHT!
Die Journalisten der ARD haben im Sommer 2011 zwei dieser libyschen G36 Sturmgewehre untersucht und ein interessantes Detail aufgedeckt: Die Waffe war mit deutschen Beschusszeichen versehen. Das bedeutet, dass die Waffen legal in Deutschland hergestellt und von einem Beschussamt geprüft wurden. Danach sind sie – auf welchem Weg auch immer – in die Krisenregion gelangt und dort mit gefälschter Seriennummer geführt worden. Dadurch, dass die originale Seriennummer nicht mehr rekonstruierbar war, konnten die deutschen Behörden nicht mehr nachvollziehen, wie die Waffe nach Libyen gelangt ist.
Kommen wir jetzt mal zum Thema Sportschießen zurück: Wieviele Menschen sterben jährlich durch Sportwaffen? Wir kennen die Antwort: Sehr wenige. Wieviele Menschen sterben wohl durch illegal verkaufte deutsche vollautomatische Sturmgewehre in Krisengebieten? Ich weiß es nicht, aber ich nehme einfach mal an, dass es sicherlich wesentlich mehr sind. Was bei Jagd- und Sportwaffen seit Jahren ohne Probleme möglich ist, gilt nicht für vollautomatische Sturmgewehre mit denen scheiß fucking Bürgerkriege geführt werden?
Ich weiß ja nicht, wie ihr das seht, aber ich finde das abartig! Da muss dringend etwas verändert werden!
[Update]
Ich habe das mal in eine Liquid Feedback Initiative gegossen: http://t.co/X8Hxz2pM
Liebe Piraten, die Zugangs zum Bundesliquid haben – bitte unterstützt dieses Initiative. Hier können wir durch eine kleine Änderung großes Bewirken!