Kommentar zum Schulmassaker von Newtown

Nur mal kurz ein paar Fakten, weil ich in den letzten Tagen so unglaublich unqualifizierten Quatsch lesen und sehen musste. Übrigens auch von Seiten der Waffenbefürworter, nicht nur von Waffengegnern.

„Das amerikanische Waffengesetz“ gibt es nicht…

Anders als in der BRD ist das Waffenrecht in den USA nicht komplett auf der Bundesebene angesiedelt. Würden wir die amerikanischen Waffengesetze auf Deutschland übertragen, wäre es so, dass der Bund grobe Vorgaben macht, aber die Länder eigene Gesetze auf Landesebene umsetzen. Das würde bedeuten, dass es in Hamburg ein völlig anderes Waffenrecht, als in Bayern geben würde. Und so ist das auch in den USA. In einigen Bundesstaaten gibt es ein strengeres Waffengesetz, als z.B. hier in .de, andere Bundesstaaten haben wiederum ein sehr liberales Waffenrecht bis hin zum concealed carry, der Erlaubnis zum verdecktes Tragen von Waffen als Instrument des Selbstschutzes.

Folglich sind Aussagen, dass man in den USA ja in jedem Supermarkt eine Waffen kaufen könne nur eins: Undifferenzierter Bullshit. Bowling for Columbine ist ein toller und wichtiger Film – ich vermute daher stammt dieses „Wissen“ – nur sollte man sein „Wissen“ bei diesem Thema nicht nur aus einem einzelnen Film beziehen.

Und das Waffenrecht in Conneticut, wo dieses schreckliche Tat geschah? Für amerikanische Verhältnisse ist das Waffenrecht ziemlich restriktiv, wodurch dem Täter ein Erwerb von Waffen nicht möglich war, da er noch nicht 21 war.

„Waffengesetze müssen verschärft werden“ führt zu nichts…

Selbst ein Totalwaffenverbot verhindert solche Taten nicht. China zum Beispiel hat ein massives Problem mit Massakern und China hat ein Totalverbot von Waffen in privater Hand. Kranke Menschen kommen auf kranke Ideen und begehen kranke Dinge. Welches Werkzeug dabei Verwendung findet ist unerheblich. Es sollen ja sogar schon handelsübliche Verkehrsflugzeuge als Waffen eingesetzt worden sein, um möglichst viele Menschen zu töten.

Waffengesetze müssen sinnvolle Auflagen enthalten die sicherstellen, dass nur rechtstreue Bürger ein Recht auf Waffenbesitz haben. Zudem sollte die sichere Verwahrung der Waffen vorgeschrieben sein. Das reicht dann aber auch erstmal, denn irgendwelche Spinner mit Gesetzen von etwas abhalten zu wollen, ist nicht möglich. Verbrecher und Verrückte halten sich nun mal leider nicht an geltendes Recht.

Ein Waffenverbot wäre Anlassgesetzgebung und lediglich der klägliche Versuch ein Symptom zu behandeln, nicht aber die Ursache für diese schrecklichen Gewalttaten, die ja glückerlicherweise doch noch recht selten sind.

„Lehrer sollten sich bewaffnen dürfen“ ist genau so unsinnig…

Die Forderung doch bitteschön die gun-free zones abzuschaffen und eine Bewaffnung der Lehrer zu fordern ist ebenso sinnlos wie ein Waffenverbot. Na klar, vielleicht ließen sich dadurch beim nächsten Massaker ein paar Leben retten, vielleicht aber auch nicht. Ich jedenfalls wollte nicht in einer Gesellschaft leben, in der es notwendig ist, dass Lehrer mit der 45er am Gürtel in den Unterricht kommen.

Auch diese Forderung ist letztendlich nur die Kaschierung der Ursache für solche Taten. Wie gesagt: Kranke Menschen tun kranke Dinge. Ob Lehrer nun bewaffnet sind oder nicht. Und vor den Schulen bewaffnete Sicherheitskräfte zu platzieren, ist ebenfalls nur Symptombekämpfung. Das sind dann im Ernstfall halt die ersten die sterben.

Die Lösung? Ich habe keine, aber Ansätze gibt es…

Wie wäre es denn, den Tätern wesentliche Teile des Nährbodens für ihre Taten zu entziehen: Die öffentliche Weltbühne zum Beispiel. Was wäre wohl geschehen, wenn die Medien beim Massaker an der Columbine Highschool die Namen der Täter nicht genannt und keine Bilder von Ihnen gezeigt hätte? Aber nein, statt dessen stürzen sich die Medien auf solche Taten wie hungrige Geier auf ein Stück fauliges Aas. Es wird maximal medial ausgeschlachtet und sogar ältere „Amokläufe“ werden wieder aufgekocht und neu serviert. Die Tat wird mit anderen Taten verglichen und eine Hitliste der tödlichsten „Amokläufer“ präsentiert. Es ist pervers, es widert mich an!

Die Medien müssen sich endlich als Teil des Problems begreifen. Stattdessen verlagern wir die Ursachenbekämpfung lieber auf Waffenbesitz und Computerspiele, oder machen die Verrohung der Gesellschaft dafür verantwortlich. Die Verrohung der Gesellschaft… bwahaha! Ich drehe die Uhr nicht mal 100 Jahre zurück, was sehe ich? Zwei Weltkriege und eine Gesellschaft, in der das Schlagen von Kindern völlig normal war, eine Gesellschaft aus der ein Regime hervorgegangen ist, dass sich massenmordend und menschenverachtend in die Geschichtsbücher geschlichen hat. Drehe ich die Uhr noch weiter zurück, dann lande ich bei öffentlichen Hinrichtungen, öffentlicher Folter und weiteren Kriegen. Machen wir uns doch nichts vor: Die Periode seit dem Ende des zweiten Weltkrieg ist zum ersten Mal eine längere friedliche Phase in Europa mit ziemlich gewaltfreien Gesellschaften. Und da über eine Verrohung der Gesellschaft durch Computerspiele zu sprechen ist einfach nur lächerlich.

Wir müssen Menschen, die offensichtlich außerhalb der Gesellschaft stehen wieder inkludieren, sie wieder Teil von uns werden lassen. Wir dürfen nicht mehr wegsehen, wenn Mitmenschen offensichtlich ein Problem haben, dass sie aus unseren Reihen drängt und sie so weit entmenschlicht, dass sie unschuldige und wehrlose Menschen töten. Wer Hilfe braucht, der muss auch Hilfe erhalten.

Leider habe bereits seit längerer Zeit das Gefühl, ich kämpfe gegen Windmühlen. Denn irgendwie setzt bei allen die Logik im Hirn aus, wenn es um das Thema Waffenbesitz geht.

PS: Ich kann es nicht mehr hören: „Waffen werden zum Töten gebaut“. Eine Waffe wird zum Schießen gebaut. Ob jemand damit auf Pappscheiben, Tiere oder Menschen schießt, das entscheidet nicht die Waffe, sondern noch immer der Mensch.

12 Kommentare

  1. Dein PS unterschreibe ich keineswegs, wir sind auch sonst vielfach unterschiedlicher MEinung, aber 1. in Sachen Medien hast du vollständig Recht, 2. Natürlich war eine Welt, die von Religion und Zucht und Ordnung regiert wurde, um ein vielfaches roher, als die heutige, vollkommen richtig, 3. ja, die Außenseiter müssen inkludiert werden, aber da gibt es noch eine Sache: Menschen müssen eine Hoffnung haben, Menschen brauchen Chancen, und die fehlen langsam aber sicher in unserer postdemokratischen Welt.
    Dass der Typ deutlich weniger Schaden angerichtet hätte, wenn er keinen freien Zugang zu Waffen gehabt hätte, sollte man aber auch so klar sagen! Und dabei muss man noch nicht mal anlysieren, woher er sie hatte.

    • Statt also die Auslöser für solche Gewalttaten zu beseitigen, sollen einfach nur die Waffen weggesperrt werden? Sorry, aber das ist kein Wunschkonzert bei dem sich die Fakten nach den Abneigungen der Gaffer umgestalten. Die Waffen sind für Täter nur zweitrangig – das zeigen genügend Länder in denen es ein Totalverbot gibt, solche Ereignisse aber trotzdem mit den selben Auswirkungen geschehen. Hypothetische Szenarien zusammendichten, die eine heilere Welt prognostizieren, wenn man alle Waffen abschafft, ist naiv und infantil, man ist auch nicht unsichtbar, wenn man sich die Augen zuhält.

    • Marc

      Hallo Holger,

      das wir bei bestimmten Dingen nicht einer Meinung sind, ist uns beiden wohl kaum neu. Das Menschen Chancen und Hoffnung brauchen, da stimme ich dir allerdings uneingeschränkt zu. Das ist auch ein Teil des Problems. Ebenso wie sich junge Menschen mit einer bestimmten psychischen Störung selbst bewerten im Sinne von Selbstwertgefühl. Die Täterprofile sind sich immer ähnlich und der Ablauf dieser Taten folgt einem bestimmten Muster, dass durch Columbine erstmalig definiert wurde.

      Natürlich wäre der Schaden vermutlich geringer ausgefallen, wenn der Täter keine Schusswaffen gehabt hätte. Das ist aber ein Problem, dass wir nicht mehr lösen können, denn es gibt nun mal Schusswaffen und selbst wenn wir legale Schusswaffen in privater Hand verbieten, dann gibt es immer noch den Schwarzmarkt und wer wirklich von langer Hand ein Massaker plant, dann werden die Waffen eben illegal besorgt, wenn denn eine Schusswaffe das Tatmittel der Wahl ist.

      Ich bin der Meinung, dass wir vernünftige und angemessene Regeln brauchen, die den Erweb und Besitz von Schusswaffen regeln. Aber irgendwann gelangt der Gesetzgeber an einen Punkt, an dem jede weitere Verschärfung der Gesetzgebung keinen nützlichen Effekt mehr hat. Das wird ja auch an diesem Fall deutlich. Der Täter hatte ja versucht eine legale Waffe zu erwerben, was aber abgelehnt wurde. Also ist er zu seiner Mutter gefahren und hat sie getötet, um Zugriff auf ihre Waffen zu haben. Das alleine ist schon so krass…

      Kriminelle und Verrückte halten sich nicht an Gesetze. Letztendlich müssen wir mit einem Restrisiko leben und versuchen diese Menschen sozial aufzufangen und zu reintegrieren. Prävention und das frühst möglich. Anders sehe ich leider wenig Chancen, dass sich solch grausame Ereignisse in Zukunft nicht wiederholen.

      Das Thema mit den Medien hatte ich ja auch bereits schon angesprochen…

    • Karlo

      Hallo Hollarius,
      wie zu lesen steht, hat er erst seine Mutter getötet um an die Schusswaffen zu kommne. Er hatte also keineswegs freien Zugang zu Schuss-Waffen. Im Übrigen ist es in dem Bundesstaat erst ab einem Alter von 21 Jahren erlaubt, Schusswaffen zu kaufen. Auch hier kann man also nicht vom freien Zugang zu Schusswaffen sprechen.

    • Ja genau. Er hat erst seine Mutter mit bloßen Händen erschossen um an die Schusswaffen zu kommen. War der junge Harry Potter? Er hatte zugang zu den Waffen seiner Mutter und die hat ihm wohl auch das Schießen beigebracht. Und mit diesen Waffen hat er seine Mutter getötet und dann den Rest. Das er vielleicht lieber ne andere oder eigene Waffe genutz hätte ist da mal wieder relativ egal.

  2. Wie immer wird der wichtigste Punkt für das ändern der Waffen gesetze nicht gesehen. Nämlich das beruhigen der Massen, das gewinnen von wähler stimmen usw. Und genau deswegen wird es auch weiter verschärft werden. Würde mich sogar nicht wundern wenn es bei uns in den nächsten Wahlen wieder ein Thema ist obwohl es in Amerika geschehen ist. Den es kostet hier recht wenig bringt aber dafür viele Plus punkte.

    Und die Waffen liebhaber werden wieder da stehen und können sich trotz ihrer feuerkraft kaum wehren und zähneknirschend es annehmen müssen.

    Das ist der große Gag an der ganzen Sache, und das ist der Grund warum in Amerika sich nichts ändern wird, einfach weil dort die Masse immer noch für waffen ist.

    Das man diese Themen Logisch angehen sollte ist gut gemeint, funktioniert aber nur dort wo man keine wahlen und auch keine hilfe für mehrheiten braucht.

    Ist ähnlich dem fordern nach mehr Kameras wegen der Bombe in Bonn. Dabei war in Bonn genug kameras, diese haben aber nicht aufgezeichnet. Auch das thema der Vorratsdaten ist ganz genauso, nirgends gehts faktisch darum mehr sicherheit zu erzeugen sondern darum wählerstimmen zu bekommen, allerdings gibt es da im grundgesetz große hürden und schon ein masse an gegner die größer ist als die der Waffen besitzer.

  3. Wenn jemand ohne Rücksicht auf sein eigenes Leben andere Töten möchte, findet ehr immer einen Weg. Komme ich nicht an Schusswaffen, baue ich mir aus den im Supermarkt erhältlichen Zutaten einen Sprengsatz, imm allgemeinen wesentlich effizienter (aus Sicht des Täters), als Handfeuerwaffen. Im Irak / Afghanistan sterben die meisten Menschen durch Sprengstoff!
    Ob ein restriktives Waffengesetz die Zahl der Opfer wirklich reduziert, wage ich zu bezweifeln, leider.

  4. Es gab seit Dienstag fünf Amokläufe/Amoklaufversuche in den USA

    Dass Waffen und Gelegenheiten nicht unweigerlich zum Massenmord führen, hat der Attentäter vom Samstag gezeigt. Der ehemalige Wachmann hatte 50x in einem Einkaufszentrum um sich geschossen und keinen Menschen verletzt. Er lies sich widerstandslos abführen.

    12.12. Dienstag in Oregon: 2 Tote, 1 Schwerverletzte – Der Attentäter wurde durch einen bewaffneten Bürger gestoppt, der keinen einzigen Schuss abgegeben hatte, was jedoch bis Freitag in den Medien verschwiegen wurde.
    http://www.legalwaffenbesitzer.de/index.php/alle-news/532-medien-blackout-oregon-arkaden-sch%C3%BCtze-wurde-durch-einen-bewaffneten-b%C3%BCrger-gestoppt

    15.12. Freitag: Newton/Connecticut: 26 Tote, darunter 20 Grundschulkinder

    15.12. Freitag: Oklahoma : verhinderter Amoklauf – Schüler wollte mit Bomben und Schusswaffen Mitschüler töten
    http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/vereinigte-staaten-offenbar-weiterer-amoklauf-verhindert-11995457.html

    16.12. Samstag: Amokläufer in Kalifornien gab 50 Schüsse in einem Einkaufszentrum ab, ohne jemanden zu verletzen.
    http://www.foxnews.com/us/2012/12/16/california-mall-on-lockdown-after-shots-were-fired/

    17.12. Sonntag: L.A. 24 jähriger verhaftet, nachdem er auf Facebook einen Amoklauf angedroht hatte.
    http://latimesblogs.latimes.com/lanow/2012/12/lapd-guns-seized-when-man-arrested-for-alleged-school-shooting-threats.html

    Daher teile ich Marcs P.S. voll und ganz und teile hier ein Statement eines FB-Freundes:

    „Noch einmal möchte ich betonen: Menschen töten, nicht Waffen!

    Wenn man nicht einmal mehr fähig ist, mit einer Waffe verantwortungsbewußt umzugehen, womit will man denn dann verantwortungsbewußt umgehen?
    Dieser Gedanke sei Waffengegnern einmal ins Stammbuch geschrieben.
    Waffen töten nicht, Menschen töten.

    In einer gesunden Gesellschaft ist es bedeutungslos, ob Menschen Waffen besitzen und wie viele. Sie werden niemandem Schaden zufügen.

    Eine kranke Gesellschaft wird sich vernichten. Auch ohne Waffen!“

    Ähnlich sieht es auch Burkhard Müller-Ullrich: http://www.ardmediathek.de/kulturradio/kulturradio-am-morgen/das-schulmassaker-von-newtown?documentId=12819212

  5. Wie bereits öfter erwähnt, sehe ich aber die Ursache in psychischen Störungen, nicht in der „Gesellschaft“.

    Das deckt sich auch mit diesem Artikel:

    http://www.spiegel.de/panorama/justiz/amoklauf-an-schulen-was-jugendliche-zu-taetern-werden-laesst-a-873133.html

    „Der Täter trägt die für die Tat verantwortliche Störung stets in sich. Er hält die von ihm postum begutachteten School Shooter für schwer psychisch krank und unterteilt sie in drei Gruppen: psychotische, psychopathische und traumatisierte Täter. Laut Langman eint die Täter mangelnde Empathie, existentielle Wut, Selbstmordgedanken, eine intensive Phantasie. „Es sind keine normalen Jugendlichen, die sich für Mobbing rächen wollen“, sagt er.“

    Eine „kaputte“ Gesellschaft wird sich vermutlich eher in hohen Suizidraten äußern, s. z.B. die extrem hohen Raten in Japan, Ukraine, Weißrussland, etc.

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