Waffenbesitzer sollen vom Verfassungsschutz überwacht werden

Vor einigen Tagen erreichte mich eine Pressemitteilung der *sic!* FDP. Der Inhalt des ersten Absatz des Textes löste bei mir spontanen Brechdurchfall gepaart mich maximaler Facialpalmierung aus:

„Am 1. Februar 2013 hat der Bundesrat weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit eine weitere Verschärfung des Waffenrechts auf den Weg gebracht. Nach dem Willen der Mehrheit der deutschen Bundesländer sollen die Waffenbehörden in Zukunft im Rahmen der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung (§ 5 WaffG) auch Informationen beim Verfassungsschutz einholen.“ – WTF?!

Um es vorweg klar zu sagen: Auch ich habe ein Problem damit, wenn Extremisten gleich weder Couleur Schusswaffen besitzen. Solche Menschen sind in meinen Augen im Sinne des Waffengesetzes „nicht zuverlässig“. Womit ich aber ein Problem habe, ist die Etablierung einer im geheimen arbeitenden Gesinnungspolizei. Und sind wir doch mal ehrlich: Wo hat denn der Verfassungsschutz in den letzten Jahren nicht episch verkackt? Da werden Millionen für V-Leute ausgegeben, womit die Rechte Szene sogar aktiv mit finanziert wurde, das NSU-Trio konnte munter morden wie es wollte – natürlich mit einer nachweislich illegal beschafften Waffe – und auch das muntere schreddern von Akten, ob rechtens oder nicht, erzeugt einen ziemlich muffeligen Beigeschmack.

Letztendlich sind Extremisten auch nur Kriminelle und wer durch Kriminalität auffällt, der ist bereits jetzt im Sinne des Waffengesetzes „nicht zuverlässig“ und wir niemals legal eine Waffe erwerben können. Für die Feststellung der Zuverlässigkeit werden derzeit zwei Register genutzt: Das Bundeszentralregister (BZR) und das Zentrale Staatsanwaltschaftliches Verfahrensregister (ZStV). Diese Register sind per bidirektionalen elektronischen Schnittstellen an die Waffenbehörden angebunden und stellen sicher, dass alle Waffenbesitzer in Deutschland rechtstreue Bürger sind. Wer straffällig war, oder straffällig wird, dem wird die Zuverlässigkeit verwehrt oder aberkannt und die Waffen werden beschlagnahmt und vernichtet.

Diese Praxis halte ich für ein gerechtes und transparentes System, denn es ist klar was passiert, wenn ich mich nicht an die inzwischen sauber definierten Regeln halte. Kann jeder nachlesen, steht im Waffengesetz und in der Waffenverwaltungsvorschrift. Kommt aber beim legalen Waffenbesitz der Verfassungsschutz ins Spiel, dann wird das alles sehr nebulös, denn transparentes Arbeiten ist Geheimdiensten per se fremd. Und wo ziehen wir die Grenze? Wann ist eine Person denn ein Extremist? Wer definiert das eigentlich in unserem Rechtsstaat?

Ein aktueller Fall aus den Reihen der politisch engagierten Waffenbesitzer zeigt diese Problematik deutlich auf: Da wurde kürzlich jemand vom Staatsschutz Zuhause besucht und mit seinen politischen Aktivitäten konfrontiert, um festzustellen, ob von der Person eine Gefahr ausgeht. Auch wurden Fragen über diverse Einträge bei Facebook gestellt. Und das waren jetzt keine ungewöhnlichen Einträge, sondern Einträge, die viele politisch engagierte Waffenbesitzer liken und teilen, zum Beispiel das recht bekannte Bild mit der Unterschrift „100% aller Einbrecher begrüßen eine Verschärfung des Waffenrechts“. Das die Person wegen ihrem politischen Engagement bereits Morddrohungen erhalten hat – ja so krass ticken die Waffen- und Jagdgegner inzwischen – und hier Opfer und Täter durch den Staatsschutz offensichtlich verwechselt wurde, macht dieses Ereignis skandalös.

Um es ganz klar zu sagen: Das der Staatsschutz auf einen Bürger, der lediglich für seine Bürgerrechte und liberalen Überzeugungen kämpft, Druck ausübt, ist einer Demokratie mehr als unwürdig! So etwas gibt es doch nur bei totalitären Regimen – dachte ich zumindest.

Und genau das ist das Problem, dass ich mit der Überwachung der Waffenbesitzer durch den Verfassungsschutz habe. Es ist einer Demokratie nicht würdig und es öffnet der Willkür Tür und Tor. Zudem ignoriert diese Initiative des Bundesrats mal wieder völlig die tatsächlichen Bedingungen und Gegebenheiten, die den legalen Besitz von Waffen überhaupt erst ermöglichen. Minimum ein Jahr Mitgliedschaft in einem Sportschützenverein, Befürwortung des Waffenerwerbs durch Verein und Sportverband, Background-Checks, Führungszeugnis, Tresorkauf, Versicherungsnachweis, Sachkundenachweis, bei Personen unter 25 Jahren eine MPU, etc pp. Ich bin davon überzeugt, dass Extremisten nicht diesen Weg gehen werden, wenn sie Waffen erwerben wollen, Extremisten werden es genau so machen wie die gewöhnlichen Kriminelle: Sich für kleines Geld eine illegale Waffe besorgen. Genau wie das NSU-Trio.

Ich kann es nur erneut deutlich sagen: Letztes Jahr gab es laut „Bundeslagebild Waffenkriminalität“ des BKA gerade mal 5 legale Waffen, die im Zusammenhang mit einer Straftat standen. Es kann also davon ausgegangen werden, dass die bestehenden Gesetze und Kontrollen durchaus sehr gut funktionieren. Desweiteren werden sich Extremisten garantiert nicht über Sportschützenvereine oder Jagdscheine bewaffnen, sondern den wesentlich leichteren und finanziell günstigeren Weg der illegalen Beschaffung wählen.

Ganz ehrlich? So langsam reicht es mir, das Maß ist voll! Ich habe mir wie alle anderen Besitzer von legalen Waffen nie etwas zu schulden kommen lassen. Vielleicht sollte der Verfassungsschutz besser einige Innenminister überwachen, anstatt rechtstreue Bürger, denn für unseren demokratischen Rechtsstaat sind orwellsche Allmachtsphantasien wesentlich gefährlicher, als irgendwelche Salafisten, Nazi-Spinner, oder Links-Terroristen.

Letztendlich bin ich als Mitglied der Piratenpartei auch ein Extremist – ein Extrem-Demokrat.

Ich bin gespannt, wann wegen dieser Aussage der Staatsschutz bei mir vor der Haustür steht…

10 Kommentare

  1. Ingo

    Genau, neue Schiessbahnen, kann nur besser werden. Allerdings müssen wir schauen, das keine Extremisten vom Verfassungsschutz Amok laufen… Man, wo soll das ganze hinführen?

  2. Scheinbar haben nur einige Politiker der BAYRISCHEN FDP verstanden, um was es geht.

    „Wieder einmal soll das Kind mit dem Bade ausgeschüttet werden: Weil es in einem Einzelfall einen Extremisten mit einer waffenrechtlichen Erlaubnis gegeben haben soll, sollen gleich alle Besitzer legaler Waffen wieder einmal unter Generalverdacht gestellt und verstärkt geprüft werden.“

    Auszug aus der Pressemitteilung vom stellvertretenden Vorsitzenden und innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag, Dr. Andreas Fischer

    „“Sportschützen, Jäger und Sammler historischer Waffen sind kein Fall für den Verfassungsschutz!”

    schreibt Constanze Gill von der FDP Freising und Mitglied im „Liberalen Aufbruch“ in ihrer Pressemitteilung.

    Wer in Bayern wählen darf, sollte bei der Zweitstimme sein Kreuzchen neben einem dieser beiden Namen machen. Und ich würde mir wünschen, es gäbe auch in anderen Bundesländern ebenso engagierte Freiheitskämpfer, die sich dem Unmut ihrer Parteimitglieder aussetzen. Soviel Chuzpe haben die Experten für Innenpolitik und Waffenrecht der FDP (noch) nicht.

    • Marc

      Hallo Katja,
      danke für die ergänzenden Zitate.

      Hierzu noch was:
      „Und ich würde mir wünschen, es gäbe auch in anderen Bundesländern ebenso engagierte Freiheitskämpfer, die sich dem Unmut ihrer Parteimitglieder aussetzen. Soviel Chuzpe haben die Experten für Innenpolitik und Waffenrecht der FDP (noch) nicht.“

      Das ist ja im Grund genau das Problem, das wir als AG Waffenrecht teilweise auch bei der Piratenpartei haben. Ich vermute in anderen Parteien sieht es ähnlich aus. Sogar bei den Grünen gibt es ja „Realos“, die Waffenbesitzer sind und die Thematik nicht nach der Grünen Ideologie mit Scheuklappen betrachten.

      Es wäre gut da einfach mal parteiübergreifend zu arbeiten und alle Experten zu vernetzen.

      Gruß,
      Marc

  3. Die Extremisten können als V-Leute ihre Waffen auch direkt vom Verfassungsschutz beziehen:
    http://www.welt.de/politik/deutschland/article13726329/Wie-man-aus-einem-Insider-einen-Spitzel-macht.html

    ===Zitat====
    Manche hatten Vorstrafen, wegen Drogen oder Gewalt zum Beispiel. Hatten Sie kein Problem damit, denen Waffen zu geben?

    „Nein. Wenn einer einen Banküberfall machen will, macht er das. Es spielt keine Rolle, ob er die Waffe dafür von mir hat oder sich eine woanders besorgt.“
    ===Zitat Ende====

    Um den Anreiz für zweifelhafte Mitglieder zu senken, sollten Schützenvereine aktiv auf illegale Besschaffungswege hinweisen. Warum sich eine Woche über die gesetzlichen Hürden quälen (und ein Jahr Wartezeit in Kauf nehmen), wenn man in der Zeit eine funktionierende Waffe selber bauen kann?
    http://thehomegunsmith.com/
    Wichtig für Extremisten ist schließlich auch, den Behörden nicht schon bei Beschaffungsversuchen auf dem Schwarzmarkt aufzufallen.

    • Marc

      Das die V-Leute statt Geld sogar Waffen vom Staat bekommen, hat natürlich noch eine ganz andere Qualität.

      Zu den Schießsportvereinen: Solche Leute kommen doch eh nicht zu uns. Ich habe jedenfalls Personen mit offensichtlich extremen politischen Überzeugungen noch nie bei uns im Vereinsheim und auch auf noch keinem Wettkampf kennengelernt.

      Gruß,
      Marc

  4. @Marc
    Es gibt durchaus vereinzelt Leute mit stramm rechter Gesinnung in manchen Vereinen. Aber die sind schon sehr selten.

    Daß Vereine Brutstätten rechter Gesinnung sind, ist so eine typische Medienbehauptung, die auch nicht wahrer wird, wenn man sie ständig wiederholt.

    • Letztendlich: Auch der Schießsport bildet mit seinen Mitgliedern einen Querschnitt durch die Gesellschaft. Wogegen ich mich aber verwehre ist die Annahme seitens des Gesetzgebers, dass bei uns irgendwelche Extremisten rumspringen.
      Ob jemand rechts, links, oder CDU Wähler ist, das mir erstmal herzlich egal, solange er nicht gewalttätig ist und keine Straftaten begeht.

  5. Johannes Bormann

    Recht hast Du, Marc!
    Die „Staatsdiener“ spielen sich immer staerker als Gesinnungsschnueffler auf. Frei nach dem Motto: „Wenn ich Dich nicht mit klaren Gesetzen und Vorschriften kriegen kann, dann eben ueber eine unterstellte negative Gesinnung“. Die Methoden werden immer schlimmer, und das „Volk“ nimmt alles so hin.
    Wann wachen wir endlich auf?? Wie laesst sich auch diese Nachricht mt einem demokratischen Rechtstaat vereinbaren??
    Was sagen wir unseren Kindern, wenn sie fragen „Warum habt Ihr nichts dagegen getan“?

    Hannes_55

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