Das „Bedürfnis“ und die „Erlaubnis“ im Waffenrecht näher beleuchtet

Wenn wir vom Waffenrecht sprechen, fallen immer wieder bestimmte Wörter, wie Sachkunde, Zuverlässigkeit, Aufbewahrung und eben auch das Wörtchen „Bedürfnis“. Die unterschiedlichen Bedürfnisse definieren sich im Waffengesetz durch den § 8 „Bedürfnis, allgemeine Grundsätze“:

Der Nachweis eines Bedürfnisses ist erbracht, wenn gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung

1. besonders anzuerkennende persönliche oder wirtschaftliche Interessen, vor allem als Jäger, Sportschütze, Brauchtumsschütze, Waffen- oder Munitionssammler, Waffen- oder Munitionssachverständiger, gefährdete Person, als Waffenhersteller oder -händler oder als Bewachungsunternehmer, und

2. die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Waffen oder Munition für den beantragten Zweck glaubhaft gemacht sind.

Aus diesem ziemlich trocken und allgemein formulierten Paragraphen leiten sich in der Praxis verschiedene Dinge rund um das Bedürfnis Waffen legal zu erwerben ab. Aber erstmal die verschiedenen Bedürfnisse im einzelnen erklärt. 

Jäger

Es dürfte klar sein, dass ein Jäger Schusswaffen benötigt, um die Jagd ausüben zu können, denn was viele nicht wissen: Die Jagd mit Pfeil und Bogen, oder mit der Armbrust ist in Deutschland in der Regel nicht möglich, da das Strafgesetzbuch die „nicht waidgerechte“ Jagd unter Strafe stellt. Waidgerechtigkeit bedeutet, dass ein Tier beim Erlegen nicht leiden darf, weswegen ein Schuss angestrebt wird, der für das Tier sofort tödlich ist. Jäger trainieren dazu übrigens ähnlich wie Sportschützen auf speziellen Schießständen, die bestimmte Jagdsituationen (laufender Keiler, Tontauben) simulieren.

Sportschützen

Bei den sportlich interessierten Schützen ergibt sich das Bedürfnis für den Waffenbesitz durch die Ausübung des Schießsports. Das Bedürfnis wird in der Praxis nur anerkannt, wenn die Schützin oder der Schütze mindestens 18 Mal im Jahr schießt, dies über ein Schießbuch nachweist und mindestens seit 12 Monaten Mitglied in einem Sportschützenverein ist. Das Bedürfnis für den Erwerb einer Waffe ergibt sich dann aus den sportlich geschossenen Disziplinen, die über das Kaliber definiert sein können (aber nicht müssen).

Brauchtumsschützen

Ein Brauchtumsschütze ist zum Beispiel ein Salutschütze, oder jemand, der historisch korrekt gekleidet Vorderlader schießt, also ein bestimmtes Brauchtum pflegt. Der Unterschied zum Sportschützen ist hier, dass ein Brauchtumsschütze nicht Mitglied in einem Schießsportverein sein muss. Dies hat den Hintergrund, das Einzelvorderladerwaffen frei ab 18 Jahren zu kaufen sind. Zum Schießen wird der sogenannte „Pulverschein“ benötigt, der eine Erlaubnis nach dem Sprengstoffgesetz darstellt. Eine Waffenbesitzkarte benötigt der Brauchtumsschütze nicht, außer für Mehrlader (z.B. einen Vorderladerrevolver).
Ich hoffe ich habe das richtig erklärt, denn mit Brauchtumsschießen kenne ich mich nicht unbedingt so gut aus. Hilfreiche und korrigierende Kommentare nehme ich gerne entgegen!

Sammler

Ein Waffensammler ist jemand, der sich zum Ziel gesetzt zu einem bestimmten Thema eine Waffensammlung aufzubauen. Das Bedürfnis ergibt sich dabei aus dem Gutachten, dass der Sammler erstellen lassen muss und ihm bestätigt, dass es lohnenswert ist zu seinem gewählten Thema eine Sammlung aufzubauen. Mögliches Ziel einer Sammlung könnte zum Beispiel „Sammeln von Waffen der NVA“ sein. Ob eine solche Sammlung dann von historischer Bedeutung ist, klärt wie bereits erwähnt der Gutachter.
Bei Munitionssammlern ist das übrigens ebenfalls so, nur dass es nicht um Waffen, sondern um Munition geht.

Sachverständige

Ein Munitions- oder Waffensachverständiger kann verschiedene Aufgaben haben und Tätigkeiten ausführen. Da wäre einerseits die Beurteilung von Waffen, Waffensammlungen und Erstellung von Gutachten, aber auch die Durchführung von staatlich geprüften Sachkundelehrgängen ist typisch. Daneben können Waffensachverständig auch Waffenhändler schulen, damit diese eine Waffenhandelserlaubnis beantragen können. Ein Waffensachverständiger muss vor der IHK eine Prüfung ablegen.

Gefährdete Personen

Dieses Bedürfnis ist in Deutschland sehr selten, es handelt sich hier in der Regel um Personenschützer, Fahrer von Geldtransporten, oder Personen die anderweitig besonders gefährdet sind. Spitzenpolitiker zum Beispiel (kein Witz).

Waffenhersteller und -händler

Es gibt in Deutschland noch einige wenig sehr alte Büchsenmacherfamilien, die das klassische Büchsenmacher Handwerk ausüben und somit zu den Waffenherstellern zählen. Daneben gibt es noch die großen Firmen wie Heckler & Koch, Walther, oder auch mittelständische Unternehmen wie German Sportguns. Das Bedürfnis leitet sich bei Waffenherstellern und -händlern aus der Gewerbetätigkeit ab.

Bewachungsunternehmer

Die Bewachungsunternehmen sind noch mal ein Spezialfall. Ein Bewachungsunternehmen kann für die Mitarbeiter („gefährdete Personen“) eine Bedürfnis zum Führen von scharfen Waffen in der Öffentlichkeit geltend machen. Dies ist allerdings an sehr enge Bedingungen geknüpft.

Aus diesen grundlegenden Bedürfnissen scharfe Waffen erwerben und besitzen zu dürfen, ergeben sich verschiedene Kriterien die zum Waffenbesitz erfüllt sein müssen. Auch die Dokumente, die von den Waffenbehörden ausgegeben werden und die Einschränkungen, die ein Waffenbesitzer aufgrund eines bestimmten Bedürfnisses unterliegt, ergeben sich hieraus.

Es gibt vier wichtige Standard-Dokumente:

  • Waffenbesitzkarte (grün)
  • Waffenbesitzkarte (gelb)
  • Waffenbesitzkarte (rot)
  • Waffenschein

Die grüne WBK oder auch „Standard-Waffenbesitzkarte“ ist eine allgemeine Waffenbesitzkarte, die Jäger und auch Sportschützen erhalten, wobei Jäger für den Kauf von Munition keine Munitionserwerbsberechtigung benötigen. Jäger können mit ihrem Jagdschein jegliche Munition kaufen, Sportschützen immer nur die Munition für die Sportwaffen. Ausnahme: Es wird ein Munitionserwerbsschein ohne Beschränkungen erteilt. Das ist von der Behörde abhängig.

Gelbe WBK, Muster

Gelbe WBK, Muster

Die gelbe WKB ist ausschließlich für Sportschützen. Hier werden typische Sportwaffen eingetragen, zum Beispiel eine Repetierlangwaffe wie die Mauser 98 – ein beliebtes Gewehr bei Ordonanzschützen – aber auch der mehrschüssige Vorderladerrevolver. Wichtiger Unterschied zum Jäger: Ein Sportschütze kann nur Munition für die Waffen, die in der „Sportschützen-Waffenbesitzkarte“ eingetragen sind kaufen. Meldet ein Sportschütze eine Pistole, oder einen Revolver auf der grünen WBK an, muss der Munitionserwerb explizit von der Behörde genehmigt werden.

Die rote Waffenbesitzkarte erhalten nur Waffensammler und Waffensachverständige. Hier ist wichtig zu erwähnen, dass die rote WBK nicht zum Erwerben von Munition berechtigt. Lediglich die in den definierten Rahmen der Sammlung passenden Waffen können erworben und eingetragen werden. Wenn ich als mein Sammelbedürfnis als „Mehrschüssige Dienstgewehr-Repetierlangwaffen bis Produktionsjahr 1955“ definiert habe, dann kann ich mir nur Waffen kaufen, die in diese Sammlung gehören.

Der Waffenschein ist eine Besonderheit, die extrem selten als Erlaubnis ausgestellt wird. Diesen Schein erhalten nur besonders gefährdete Personen, die zudem einen erweiterten Sachkundenachweis erbracht haben. Die Sachkundeprüfung, die ein Sportschütze bestehen muss, reicht hier nicht mehr aus, da die Waffen in der Öffentlichkeit geführt werden und nicht nur auf dem Schießstand. Der Waffenschein ist nur 5 Jahre gültig und kann maximal zwei mal verlängert werden. Diese Praxis variiert allerdings von Behörde zu Behörde, dass es bis Anfang diesen Jahres keine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz gab. Da diese Berechtigung sehr selten ist, gehe ich jetzt mal nicht weiter darauf ein. Einen Waffenschein als „Normalsterblicher“ zu bekommen ist schlichtweg unmöglich.

Deswegen muss ich mich übrigens immer maximal facialpalmieren, wenn in der Presse, oder von Leuten die meinen unbedingt eine Meinung haben zu müssen, das Wort „Waffenschein“ im Zusammenhang mit dem Waffenrecht höre. Das sagt mir nämlich sofort, dass diese Personen noch nie einen Blick in das Gesetz, weder in die Verwaltungsvorschrift geworfen haben, oder gar mal auf einem Schießstand waren.

So, ich hoffe diese Hintergrundinformationen zu den Bedürfnis und denen sich daraus ableitenden Erlaubnissen hilft ein wenig das Waffenrecht ein wenig besser zu verstehen. Will wer noch was wissen? Ich blogge gern darüber, Themenvorschläge in die Kommentare.

[Update in Videoform]

5 Kommentare

  1. Die FDP monierte, dass das Gesetz zu mehr Bürokratie und Einschränkungen bei den legalen Waffenbesitzern führe, ohne dass die Sicherheit der Bürger dadurch entscheidend verbessert würde. Auch die CDU schloss sich dieser Meinung an, da den Bürgern von legalen Waffenbesitzern wie Schützen, Jägern und Brauchtumsschützen keine Gefahr drohe. Das große Problem seien die illegalen Waffenbesitzer. Solange der Erwerb und Besitz der deliktrelevanten Gas- und Alarmwaffen weiterhin frei seien, führe der so genannte ‚Kleine Waffenschein‘ nicht zu mehr Sicherheit.

  2. opensourcer

    „Solange der Erwerb und Besitz der deliktrelevanten Gas- und Alarmwaffen weiterhin frei seien, führe der so genannte ‘Kleine Waffenschein’ nicht zu mehr Sicherheit.“

    Genau das Führen derselben ist aber verboten!

    Dei Politik geht wie immer von de irrigen Annahme aus dass Verbote etwas bewirken. Wenn ein Räuber heute eine SRS-Waffe einsetzt, bricht er bereits das WaffG.

    Werden die SRS_Waffen erlaubnispflichtig wird der Räuber weiter eine, dann illegale, SRS-Waffe verwenden oder aber auf eine ebenfalls illegale scharfe Waffe ausweichen.

    Der Dumme ist immer wieder der Normalbürger……

  3. Mickschas

    Hallo,
    mal eine Frage:
    gibt es eine Vorlage für ein Bedüfnissnachweis oder kann mir jemand sowas erstellen?
    Denn die Formulierung ist dort wichtig, so wurte es mir gesagt.

  4. Sportschütze

    Ich empfehle immer die Formularversion zu verwenden, die auf der Webseite der Behörde als Download bereitgestellt wird, da es da schon bei dem falschen Logo hin und wieder zu Problemen kommt und die Formulare der Verbände von einigen Behörden nicht anerkannt werden weil die keine Lust haben die Formulare inhaltlich zu vergleichen. Habe da schon einige solcher Erfahrungen mitbekommen und auch schon selber erlebt.

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