Statistiken des BKA nach dem Informationsfreiheitsgesetz erhalten

Vor einiger Zeit habe ich beim BKA ein Auskunftsersuchen auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes gestellt und sogar eine Antwort erhalten. Zwar nicht ganz die Statistiken, die ich haben wollte (PKS ist Verschlusssache laut BKA), aber die Bundeslagebilder wurden mir (und übrigens auch der AG Waffenrecht der Piratenpartei) weitgehend zugänglich gemacht – wenn auch einige Absätze geschwärzt sind. Hier zeigt sich wieder, wie wichtig Transparenz ist. Die Dokumente findet ihr unten verlinkt.

Einen Interessanten Absatz aus dem BLB 2009 möchte ich an dieser Stelle zitieren:

Die Anzahl der Straftaten unter Verwendung von Schusswaffen und die Anzahl der Fälle in denen mit einer Schusswaffe gedroht, oder geschossen wurde, sind geringfügig angestiegen. Wenngleich das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung immer wieder durch einzelne Straftaten mit Schusswaffengebrauch, wie beispielsweise durch Amoktaten, stark beeinträchtigt wird, ist das für die Bevölkerung aus der Waffenkriminalität resultierende Gefährdungspotenzial gering. Straftaten, in denen Schusswaffen verwendet wurden, machen lediglich 0,2 % der in der PKS erfassten Fälle aus.

Bei der Dokumentation der Delikte, bei denen Schusswaffen zum Einsatz kamen, wird leider nicht zwischen illegalen und legalen Waffen unterschieden. Keine Dokumentation bedeutet, dass wir anhand der nicht vorhanden Zahlen auch keine Politik gegen den legalen Waffenbesitz machen sollten. Die Statistiken stellen aber eindeutig fest, dass das Gefährdungspotential von Schusswaffen – ob nun legal oder illegal – insgesamt sehr gering ist.

Ein bekannter Gegner von Sportwaffen (Roman Grafe) behauptet, es habe in den letzten 20 Jahren 120 Opfer von legalen Waffen gegeben. Bei einigen Fällen hat er schlecht recherchiert – es handelte sich dabei klar um illegale Waffen – aber gehen wir einfach trotzdem mal davon aus, dass diese Zahl stimmt. Rein rechnerisch ergibt sich ein Wert von 6 Toten pro Jahr auf den Zeitraum von 20 Jahren betrachtet. Betrachten wir nun das Jahr 2006: In diesem Jahr wurden insgesamt 989 Tote nach dem Einsatz von Schusswaffen verzeichnet (Mord + Körperverletzung mit Todesfolge). Wenn von diesem Wert 6 Opfer durch legale Waffen umgekommen sind, ist das ein Anteil von 0,61 %. Das macht die Sache nicht weniger tragisch, unterstützt aber die These, dass der legale Waffenbesitz insgesamt kein großes Problem ist.

Letztendlich hat das BKA das „Problem“ mit der Waffenkriminalität recht treffend beschrieben: Es gibt insgesamt kein großes Problem, aber das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung entspricht nicht der Realität. Und davor scheinen auch einige Piraten nicht gefeit zu sein.

Hier die Dateien (PDF Format):

Jahresstatistik 2001Jahresstatistik 2002Bundeslagebild 2003Bundeslagebild 2004Bundeslagebild 2005Bundeslagebild 2006Bundeslagebild 2007Bundeslagebild 2008Bundeslagebild 2009Bundeslagebild 2010

18 Kommentare

  1. Nur wegen der paar geschwärzten Zeilen waren diese Berichte ein Jahrzehnt „komplett unter Verschluss“. Das ist einfach nur lächerlich!

    Ich frage mich, warum nicht mindestens alle 2-3 Jahre ein ähnlich umfangreicher Bericht wie 2001/2002 gemacht wird. Die Zahlen sind sicherlich immer noch in den PKS vorhanden. Nur niemand macht sich die Mühe mit einer Auswertung derselben. Die erste große Änderung im Waffengesetz konnte sich noch auf die umfangreichen Jahresberichte aus 2001 und 2002 stützen.

    Doch hatten wir noch zwei weitere Gesetzesänderungen, ohne dass sich jemand überhaupt die Mühe gemacht hatte, die Kriminalitätslage vor und nach Einführung der großen Änderung zu prüfen. Gleiches gilt für die Waffenverwaltungsvorschrift, die bereits acht (!!) Jahre nach der Gesetzesänderung im Jahr 2012 verabschiedet wurde und die schwammigen Gesetzestexte endlich definiert.

    Dieses Gesetz betrifft ca. 30 Millionen von Menschen – auch die Besitzer von Luftgewehren, Messern, Baseballschlägern und Mode-Gags sind davon betroffen.

    Die Verstöße gegen das Gesetz haben sich seit Einführung 2003 um 50% gesteigert. Die meisten sind Ersttäter, da sie in völliger Unkenntnis des Gesetzes Verstöße begehen (z.B. verbotenes Führen von Freien Waffen, Messern, Baseballschlägern, nicht mehr zugelassenen Elektroschockern oder der Besitz von verbotenen Waffen wie Butterflymessern, Ninja-Gardeobenhaken oder moderne Accessoires, die Schlagringe als Gürtel oder Handtaschenschließe aufweisen).

    Polizei und Justiz werden dadurch von wichtigeren Aufgaben abgehalten.

    So etwas ist einer Demokratie unwürdig!

  2. User1

    Die Bundeslagebilder sind offen im Netz zu finden. Dafür hätte es keines Auskunftsersuchens gebraucht.
    Ich möchte damit nicht das Auskunftsersuchen kritiseren, sondern die erhaltene Antwort.

  3. Marc

    Einige Bundeslagebilder sind offen im Netz zugänglich, das ist richtig. Aber eben nicht das „Bundeslagebild Waffenkriminalität“ (es gibt unterschiedliche Themen bei den Lagebildern). Deswegen ging es nur über das Auskunftsersuchen.

  4. Die Bundeslagebilder sind online – das stimmt.

    Aber nicht die Bundeslagebilder WAFFENKRIMINALITÄT.

    Es ist wirklich so, dass die wenigen geschwärzten Zeilen eine Handlungsempfehlung der Polizei darstellen und dies seit 2003 als Grund angeführt wurde, warum diese Lagebilder nie der Öffentlichkeit zugänglich waren, sondern nur einem kleinem Kreis.

    Siehe hier:
    http://www.bka.de/nn_193368/DE/Publikationen/JahresberichteUndLagebilder/jahresberichteUndLagebilder__node.html?__nnn=true

  5. BTW: der Periodische Sicherheitsbericht, der ebenfalls immer einen Teil Waffenkriminalität umfasste wurde 2001 und 2006 erstellt.

    D.h. wir haben trotz zweimaliger Gesetzesänderung im Waffenrecht und einer Gesetzesänderung im Sprengstoffrecht seit sechs Jahren keinen Bericht darüber, wie sich die Sicherheitslage insgesamt geändert hat.

    Da ich viele Studien gelesen habe, ist die Kriminalitätsfurcht (erzeugt von den Medien) in den westlichen Industriestaaten wesentlich höher als die Kriminalitätslage.

    Auch hier kann man vermuten, dass die Zahlen nicht für kostspielige Überwachungsmaßnahmen sprechen, die der Staat einführen möchte, um seine Bürger vor Gewalt und Terror zu schützen.

  6. Kommentar eines Insiders, der Zugang zu den Daten hatte, diese aber nicht weitergeben durfte:

    Wer im behördlichen Bereich diese Datei erhalten hat oder darauf zugreifen musste, konnte dies nicht so einfach. Ein spezielles Softwareverfahren war notwendig, der Ausdruck gar nicht möglich oder wurde registriert, also eine Vebrleib der Daten war damit Protokolliert. eine weitergabe hätte mindestens disziplinare Folgen, wenn nicht so gar strafrechtliche Konsequenzen gehabt. Wer also nun glaubt, z.B. eine „Mordkommision“ könnte darauf zugreifen, irrt gewaltig. Nur wenige Stellen im LKA konnten darauf zugreifen und dort hat man „begründet“ anzufragen.

    Tja, und warum dieses Geheimniskrämerei? Ich weiss es nicht, aber wenn man die Inhalte liest, wird man feststellen, das es eine nüchterne Erfassung von statistischen Zahlen und deren Auswertung ist. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Allerdings mit dem Ergebnis und der polizeilichen Lagebewertung, dass Legalwaffen in der Kriminalststistik eine zu vernachlässigende Größe darstellen.

    Wenn man überlegt, dass seit 97 keine solche Statistik mehr veröffentlicht wurde, man man…

    Da fällt einem nix mehr ein dazu, ausser schön, dass nun jemand den Mut hatte die Entscheidung für die Veröffentlichung zu treffen (was immer auch seine Beweggründe dafür waren…

  7. Michael

    Hallo zusammen,
    ich würde ja gerne die Bericht lesen, werde aber immer nach einem Passwort gefagt.
    Wie lautet dieses ???

    • Marc

      Hallo Michael,

      ich kann die Berichte öffnen. Muss was an deinem Rechner sein.

      Gruß,
      Marc

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